Im Herzen vier

Philip-Marie

Meine Mama hat vier Kinder - mich, Oskar und meine kleine Schwester. Und Philip-Marie.

 

Philip-Marie gibt es nicht auf der Welt. Philip-Marie ist in Mamas Bauch gestorben. Da war das Baby gerade mal neun Wochen alt. Wir nennen das Baby so, weil wir ja nicht wissen, ob es ein Junge oder ein Mädchen geworden wäre. Ich persönlich hätte ja lieber eine Schwester gehabt, Oskar wollte einen kleinen Bruder. Und weil Oskar immer sofort muksch wird, wenn er nicht seinen Willen bekommt, tun wir so, als ob Philip-Marie ein Junge geworden wäre.

 

Im Herzen vier

Und dann sagte Mama, dass es jetzt ein großes Loch in ihrem Bauch geben würde, und ein Loch in ihrem Herzen, wo das ganze Mutterglück herausfließen würde. Jetzt sei sie ganz leer. Das fand ich irgendwie gemein, denn schließlich war sie ja auch die Mama von mir und Oskar – und wir waren ja auf der Welt, und jeden Tag da ,und wenn wir Clown spielten, dann lachte Mama vor Freude und sagte:“Was für ein Glück!“ .

Platz für Trauer

„Trauer muss einen Platz haben“,  sagten die Freundinnen von Mama. Deshalb hat Mama auch ein paar Wochen nicht gearbeitet und das einzige Bild von Philip-Marie aufgehängt. Mama sagt, dass sie ja schließlich neun Wochen lang eine Baby- Mama war. Sie sagt das ganz stark und mit lauter Stimme.

Denn selbst fingernagelgroß ist ein Baby ein Baby und wo ein Baby ist, da gibt es auch eine Mama und eine Mama liebt ihr Baby von Anfang an.